Am 07.07. um 23Uhr bin ich ins
Bett gegangen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich recht regelmäßige Wehen – nicht anders
als in den vier Wochen zuvor.
Aber nach dem Lesen konnte ich nicht einschlafen, die Wehen
kamen ab halb zwölf in einem 5-Minuten-Abstand, absolut regelmäßig. Da Mattis
Geburt von der ersten Wehe an nur zwei Stunden gedauert hat, bin ich
aufgestanden und habe dem Mann Bescheid gesagt, dass ich erst losfahren will,
wenn die Abstände 2 Minuten betragen (Angst vor dem prophezeiten Kaiserschnitt :)). Nur fünf Minuten
später war das der Fall und der arme Herr Rockelfe wurde leicht nervös…
Um viertel vor zwölf gings los ins Krankenhaus, um kurz nach
zwölf waren wir im Kreissaal. Da habe ich der Hebamme schon gesagt, dass es
nicht mehr lange dauert; der Muttermund war tatsächlich schon 9cm auf. Die
herbeigerufene Ärztin fragte: „Soll ich den Chefarzt rufen?“ und ich schrie: „Um
Gottes Willen, nein!“ Da dachte ich noch, ich press das Baby schnell raus, bevor
er es aus dem Bett schafft.
Die Ärztin fühlte sich wohl wegen der Herzarhythmie
unsicher und hat den Chefarzt doch dazugerufen und das Baby lag zunächst in
Sterngucker-Lage, sie hat sich unter der Geburt im Geburtskanal noch um 180°
gedreht, deshalb habe ich es nicht vor der Ankunft des nach Likör riechenden
Chefarztes in seinem Lacoste-Polohemd geschafft – welch Klischee!
Trotzdem hat die Kleine es recht eilig gehabt – geboren war
sie dann um 01:05 Uhr.
Ich habe sie auf den Bauch gelegt bekommen und dann gings
los… die folgenden Ereignisse haben mich doch recht gründlich traumatisiert.
Der ursprünglich angekündigte Kinderarzt, der gerufen werden sollte, um sich
die Kleine anzuschauen, war nicht gerufen worden. Statt dessen und ohne vorige
Information wurde eine spezielle Kinderklinik informiert, die mit zwei Ärzten
und einem Rettungswagen angerückt waren. Nur zwei Minuten nach der Geburt riss
man mir mein agiles und fittes kleines Mädchen weg und brachte es in einen
anderen Untersuchungsraum. Den armen, tapferen Ehemann habe ich dann
mitgeschickt, der wenigstens war bei der Untersuchung dabei, durfte sie aber
nicht einmal anfassen. Angelegt hatte ich sie natürlich auch nicht…
Nach ungefähr einer Stunde wurde sie nochmal kurz in den
Kreissaal gebracht, ich wurde währenddessen versorgt, sie wurde gemessen und
gewogen, ich durfte sie nicht anfassen, dann wurde sie wieder weggebracht. Ich
wurde aus dem Kreissaal geschoben und durfte sie von weitem nochmal in einem
Inkubatorbett sehen, bevor man sie in die Kinderklinik gebracht hat. Die
Kinderärztin hat mich noch darüber informiert, dass ich sie zwar am nächsten
Morgen besuchen, aber nicht dableiben darf, jetzt im Wagen hinterherzufahren,
würde auch nicht in Frage kommen. Und weg war sie. Und ich hatte mein Baby
insgesamt vielleicht drei Minuten gesehen.
Erst am nächsten Tag durfte ich zu ihr. Von Montag, dem Tag
der Geburt, musste sie bis Donnerstag in dieser Klinik bleiben mit dem
Resultat, dass sie die bereits diagnostizierte Arhythmie hat, diese sich aber
mit großer Wahrscheinlichkeit bis zum
10. Lebensjahr verwächst und selbst wenn nicht, wird sie damit keiner
körperlichen Einschränkung unterliegen.
Ich bin noch immer so wütend über dieses unverschämte
Vorgehen! Mit keinem Wort (und ich war vor der Geburt dreimal in diesem
Krankenhaus) wurde die Möglichkeit angesprochen, dass die Kleine in eine
spezielle Klinik mit Pränatalstation muss. Dann wäre ich ja auch von Anfang an
in eine solche Klinik gegangen, um bei ihr sein zu können.
Im Nachhinein habe
ich recherchiert, dass die Geburtenrate in meinem Entbindungskrankenhaus
rückläufig ist – liegt es vielleicht daran, dass man uns nicht informiert hat?
Mir und meinem Mann hat man so eine Menge weggenommen, was sich nicht mehr
nachholen lässt. Die wichtigen ersten Minuten und Stunden nach der Geburt
durften wir nicht mit unserem Baby verbringen. In den ersten Tagen habe ich
immer geweint, wenn ich die Kleine auf dem Arm hatte. Weil ich wusste, dass ich
sie wieder abgeben muss. Weil ich Angst hatte, dass sie mir wieder weggenommen
wird. Noch immer bestimmt dieser Gedanke einen großen Teil der Zeit, die ich
mit ihr alleine verbringe. Ich hoffe, dass das bald aufhört.